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„How to - Manual", Daniel Herskowitz, United States

Weiss verputze Wände, Blümchendruck, ein alter Herd... ein Ausschnitt aus der Welt der Behaglichkeit, der guten alten Zeit. Doch auf dem Herd steht ein Wasserkessel, pfeifend, unter Hochdruck. Der Ton wird unerträglich. Im Dampf die Projektion eines schreienden Kindes, das beruhigt werden soll... Sein Schreien ist nicht zu hören, der Pfeifton des Kessels tritt an seine Stelle.

Weiss verputze Wände, Blümchendruck, ein alter Herd... ein Ausschnitt aus der Vergangenheit, eine einfache Arbeiterküche. Auf dem Herd steht ein Wasserkessel, pfeifend, unter Hochdruck. Der schrille Pfeifton wird unerträglich und erinnert an die unerträgliche Situation vieler Arbeiterfamilien noch im 20. Jahrhundert. Das Kind schreit gegen seine Zukunft an, Bilder des Tröstens im Dampf. Das Pfeifen ist stärker.

Weiss verputze Wände, Blümchendruck, ein alter Herd... winziges Reich, abgeschlossen von der Aussenwelt, klaustrophobisch. Auf dem Herd ein Wasserkessel, kochend. Dem allgegenwärtigen Pfeifton kann niemand entrinnen, am wenigsten die Mutter, die sich zwischen Kinder, Küche und Kirche zu bewegen hatte... Nach dieser Pfeife hatte sie zu tanzen. Das Kind, Urbild für Zukunft, wird zum Terroristen, sein Schrei zum Kampfgeheul. Wo ist die Mutter jetzt?

Weiss verputzte Wände, Blümchendruck, ein alter Herd... ein Zuhause. Unser Zuhause. Auf dem Herd ein schrill pfeifender Wasserkessel, Energie kurz vor der Explosion. Wer hier lebt, muss das Pfeifen ignorieren. Den Warnton überhören. Im Dampf die Projektion eines Kindes, unsere Zukunft. Es scheint zu schreien, wegen des Lärms, gegen den Lärm. Das Kind wird beruhigt - doch am Lärm ändert niemand etwas. Das Kind wird damit leben müssen, unter Hochdruck leben müssen. Niemand wird damit leben können.

Vier Geschichten aus dem Container der „ungelösten Probleme" (Herskowitz).

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